Erntedank – Danke für das, was ist

 Auf dem Bild befinden sich Trauben, das Wort Erntedank und der Satz Danke für das, was ist.


Erntedank – Danke für das, was ist

Erntedank – Danke für das, was ist.

Dank für die Sonne, dank für den Wind
dank für die Menschen, die um mich sind…


Vielleicht kennst du dieses Kirchenlied. Der Text stammt von Johannes Jourdan. Da der Text urheberrechtlich geschützt ist, beschränke ich mich auf die beiden Anfangszeilen.
Das Lied klingt leicht und fröhlich. Als ich anfing, diesen Blogartikel zu schreiben, ist es mir sofort wieder eingefallen. Wir haben es häufig in Kindergottesdiensten gesungen.

Dankbar sein.

Was bedeutet das?

Danke zu sagen und Dankbar zu sein, sind zwei verschiedene Dinge.

Ich bedanke mich für ein Geschenk, für eine Dienstleistung oder dafür, dass die andere Autofahrerin mir Vorfahrt gewährt hat. Danke zu sagen lernen wir oft schon als Kind. Es ist ein Akt der Höflichkeit und – wie ich finde – unverzichtbar in einem wertschätzenden Umgang miteinander.
Danke zu sagen ist eine Entscheidung, die wir treffen und sofort umsetzen können. Danke zu sagen haben wir irgendwie meistens auf dem Schirm.

Bei der Dankbarkeit sieht das anders aus. Dankbarkeit geht nicht „mal eben“. Dankbar zu sein ist eine bestimmte Haltung dem Leben gegenüber. Dankbar zu sein ist ein Zustand. Für die reiche Ernte des vergehenden Jahres zu danken, kann uns unterstützen, Dankbarkeit zu empfinden. Wenn ich für etwas dankbar bin, ist das nicht nur ein Gedanke. Dankbarkeit spüre ich im Körper. Ich bin auf eine Art innerlich geflutet. In Momenten tiefer Dankbarkeit kann ich gar nicht anders als genau das: Dankbar zu sein. Dazu brauche ich nicht einmal zwingend einen besonderen Anlass. Manchmal flasht mich der Anblick der Hummel, wie sie in der Sonnenblume nach Nektar sucht. Dann laufen mir auch schon mal Augen und Herz über. Weil ich mich so beschenkt fühle.

Wir können den Zustand der Dankbarkeit nicht im herkömmlichen Sinne herbeiführen. Und so können wir auch nicht einfach beschließen, dankbar zu sein und sind es dann. Wir können weder Lebensfreude noch Dankbarkeit auf Kommando empfinden. Auch dann nicht, wenn wir alles haben, was wir uns wünschen.

Dankbarkeit entsteht nicht zwangsläufig aus äußerem Reichtum.

Es wäre also wenig zielführend, das „Dankbar sein“ auf später zu verlegen, wenn ich mehr Geld, ein größeres Haus und ein schnelleres Auto habe. Schließlich habe ich ja dann etwas, wofür ich dankbar sein könnte. Möglicherweise bewirken solche Dinge ein vorübergehendes, eher flüchtiges Gefühl von Befriedigung, welches mit der tiefen Dankbarkeit, von der hier die Rede ist, nichts zu tun hat.

Das Gute ist: Wir haben dennoch Einfluss darauf. Wir können uns selbst innerlich für Dankbarkeit bereiten. Wir können eine Basis in uns schaffen, auf der sowohl tiefe Lebensfreude als auch Dankbarkeit gedeihen können. Die Dankbarkeit ist ein Anteil in uns, der immer da ist, den wir nähren und dem wir uns zuwenden können.
Aber wie machen wir das?

Dankbarkeit und Lebensfreude sind wie Schwestern, die einander an der Hand halten. Es gibt die eine kaum ohne die andere.

Was kannst du also tun, um diese beiden in dir zur Blüte zu bringen? Zunächst ist es ratsam, sie aufzuspüren. Probiere einmal, dich aus einer Art innerer Beobachter-Perspektive zu betrachten. So als würdest du einen Blick auf dich selbst werfen. Schau dir selbst innerlich zu, so wie wie du einer lieben Freundin bei etwas zuschauen würdest. Selbstbeobachtung fängt damit an, dass du zum Beispiel einfach einmal deinen Atem beobachtest. Welche Stellen im Körper werden durch den Atem bewegt?
Und nun spüre in deinen Körper hinein. Spürst du, wie die Lebensenergie in dir fließt? Was findest du in dir?
Ist da ein großes Durcheinander oder eher Leere? Wie sieht deine Gefühlslandschaft aus? Bist du mit ihr, bist du mit dir im Kontakt?

Manchmal plustern sich Gefühle wie Trauer, Angst oder Wut gerade in dem Moment auf, in dem wir eigentlich nach etwas anderem suchen.

Lasse das, was ist, so gut du kannst, geschehen. Möglicherweise waren manche schweren Gefühle lange irgendwo in dir eingesperrt. Lasse sie durchziehen. Dagegen zu kämpfen, würde ihnen unnötig Kraft zufließen lassen. Manchmal dauert es eine kleine Weile, bis sie die Sicht auf die freundlicheren Anteile in dir wieder freigeben. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.
Du kannst ganz sicher sein, dass Gefühle wie Freude, Dankbarkeit oder Frieden auch da sind. Selbst dann, wenn die Troublemaker dir was anderes erzählen wollen.
Wenn du gerade keinen Zugang zu den friedlicheren Anteilen hast, dann gibt es Möglichkeiten, diese zu stärken. In meinem Blogartikel „Vertiefe die Freude in dir“ erkläre ich, was du sehr konkret tun kannst, um den Zugang zu deiner Lebensfreude zurückzugewinnen und diese zu stärken.

Dankbarkeit erfordert, sich Zeit für sie zu nehmen. Sie funktioniert nicht in der Endlosschleife eines hektischen Alltags.

Dankbarkeit erfordert, sich immer wieder Zeit dafür zu nehmen, einmal innezuhalten.

Werde dir einen Augenblick deiner selbst bewusst…

  • …bevor du eine Mahlzeit einnimmst
  • …und rieche an einer Blume
  • …wenn du einem Kind beim Spielen zuschaust
  • …während des Aufwachens am Morgen
  • …und nehme mehrmals täglich ein paar bewusste Atemzüge

Dies alles sind zuverlässige Übungen, die ein guter Nährboden für Dankbarkeit sind. Vielleicht magst du stille Momente dieser Art in deinen Alltag einweben? Am Anfang ist es möglicherweise noch ungewohnt, einfach mitten im Trubel still zu werden, um deinem eigenen Atem zu lauschen. Wenn du es aber regelmäßig tust, wird es irgendwann zum Selbstläufer. Und dann kann auch die Dankbarkeit zu einer Art Selbstläufer werden. Wenn sie ihren festen Platz in dir eingenommen hat, wird sie auch in schweren Zeiten spürbar sein. Sie kann zu einer tragenden Kraft werden, die uns über so manche Hürde im Leben hinweghilft.

Wenn wir uns unserer Sterblichkeit bewusst werden, kann sich daraus eine tiefe Dankbarkeit, am Leben zu sein, entwickeln.

Wir erkennen plötzlich, dass wir uns nicht selbst gehören. Dass es ein Geschenk ist, am Leben zu sein.
Ich habe darüber gelesen, dass ein junger Mann nach einem schweren Autounfall zunächst mit Traumafolgestörungen zu tun hatte. Irgendwann jedoch, als er eines Morgens aufwachte und das Licht der Morgensonne in sein Zimmer fiel, spürte er unvermittelt ein tiefes, klares Freudegefühl, am Leben zu sein. Dankbarkeit.

Dankbar zu sein lässt das Herz weit werden. Es gewährt uns Einblick in große Fülle und Reichtum, die tief in uns verankert sind. Dankbar zu sein lässt den Vorhang, der uns von Gott zu trennen scheint, durchlässig werden. Es trägt enorm zu innerem Frieden bei. Wir erkennen, dass wir alles geschenkt bekommen, was wir zu unserer persönlichen Reife und Entwicklung brauchen.

Das Erntedankfest lädt uns zum Feiern ein. Es lädt uns ebenso ein, im Nachklang eines ganzen Sommers einmal still zu werden. Danke zu sagen und zu fühlen beim Anblick des reichhaltig gedeckten Tisches. Danke zu sagen und zu fühlen für das, was ist. Es lädt ein, in mir selbst Ausschau nach Gott zu halten. Ist da etwas? Spüre ich den göttlichen Funken, der mich getrost den Herbst erwarten lässt?

Ich wünsche dir eine gute Zeit. Ich wünsche dir innere und äußere Fülle. Lass dich berühren vom Gegenlicht im golden-orangefarbenen Blätterkleid der Bäume. Und lasse dir die erste wärmende und erdende Kürbissuppe im Herbst gut schmecken.

Alles Liebe für dich,

Deine Daniela

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