Die stillen Frauen sieht man nicht

Auf dem Bild sind Blumen zu sehen und der Schriftzug Die stillen Frauen.


Die stillen Frauen sieht man nicht

Die stillen Frauen sieht man nicht.

Neulich habe ich einen Artikel gelesen, in dem großes Lob und viel Würdigung für Frauen ausgesprochen wurde, die, zum Teil beruflich, zum größeren Teil jedoch ehrenamtlich in ihrer Heimatstadt etwas leisten. Überschwänglich und voller Begeisterung hieß es, dass es mehr starke Frauen geben müsse, die sich öffentlich einbringen und aktiv das Stadtgeschehen mitgestalten sollten.


So weit so gut.

Das ist alles richtig. Und ich möchte diese Würdigungen auf keinen Fall schmälern.

Trotzdem hat der Artikel mich nachdenklich gemacht. Genauer gesagt hat er mich nicht mehr losgelassen. Ich vermisse darin etwas. Mir fehlt etwas Zentrales. Der Artikel hat mich nachdenken lassen über diejenigen unzähligen Frauen, die unsichtbar im Hintergrund der Gesellschaft Großes leisten. Und damit meine ich nicht die vielen Frauen, die völlig unterbezahlt in der Pflege arbeiten, die für kleinen Lohn fremde, oder ohne Lohn ihre eigenen Kinder groß ziehen und zuhause einen Großteil der anfallenden Arbeiten übernehmen.

Ich meine eine andere Gruppe von Frauen.

Gemeint sind Frauen, die Großes leisten, indem sie sich um ihre eigene Heilung kümmern. Die nicht länger ausweichen. Die die Reihe von transgenerativen Dramen und Traumata unterbrechen möchten. Frauen, die sich dieses zur Aufgabe gemacht haben, leben ihr Leben auf einem brodelnden Vulkan, von dem sie nie wissen, wann er das nächste Mal ausbricht. Ein winziger Funke reicht.

Frauen, die ihr eigenes Trauma und das ihrer Sippe nicht ungefiltert an ihre Kinder weitergeben möchten. Die einen Wendepunkt in der Familienhistorie darstellen. Ab hier geht es in eine andere Richtung. Diese Frauen stellen sich ihren Ängsten und Dämonen. Und nicht nur den eigenen. Im Grunde sind es die weitergegebenen schweren und schwersten Anteile ganzer Generationen, die sich in ihnen festgesetzt haben. Sie alle sind mutige Frauen, die zulassen, dass durch sie Heilung geschieht.

Die es nicht sein können, weil sich das Erleben im Körper viel zu sehr verdichtet hat. Weil sich alles in ihnen schwer anfühlt. Deren Körper sich wie ein Speicherplatz für die Dramen der Weltgeschichte darstellt. Schwer, wund und schmerzend. Das rote Lämpchen blinkt permanent und das Signal lautet: „SPEICHERPLATZ VOLL!“ Übersetzt: ICH KANN NICHT MEHR! Frauen, die, alleingelassen sind mit ihren Ängsten und Depressionen, weil sie manchmal monate- bis jahrelang auf einen Therapieplatz warten müssen.

Zum einen bei sich selbst, bei ihren verletzten Anteilen aber auch – wann immer möglich – bei ihren Kindern, in ihrer Partnerschaft, im Leben. Frauen, die ihre verletzten Anteile lange nicht spüren konnten. Und wenn sie anfangen, sie zu spüren, bricht nicht selten das gesamte Drama über ihnen zusammen. Und wenn das passiert gilt es, die schmutzige Wäsche, unter der sie begraben sind, zu waschen, zu flicken, zu sortieren und aufzuräumen. Das ist Knochenarbeit!

Für all diese Frauen möchte ich ein Plädoyer halten. In unserer Kultur finden sie kaum einen sicheren Ort, an dem sie mit ihren Geschichten sein können, geschweige denn willkommen sind. Darum finde ich es wichtig, dass von Zeit zu Zeit einmal jemand für sie die Stimme erhebt.

Frauen, die dadurch, dass sie bereit sind, die Hinterlassenschaften vorangegangener Generationen zu bewältigen, aktiv am Weltfrieden bauen. Wir wissen längst, dass der Weltfrieden in der kleinsten Zelle anfängt. In mir! In dir! Diese Frauen wandeln den Kriegsschauplatz ihres eigenen Körpers sukzessive in einen Ort der Ruhe. So etwas dauert. Das funktioniert nicht „mal eben“. Für viele ist es eine Lebensaufgabe. Sie widmen ihr Leben anstrengenden und ungewürdigten aktiven Heilungs- und Friedensprozessen. Und das meist unbemerkt von der Öffentlichkeit. Lohn dafür können sie sich allenfalls selbst sein. Jedoch ist dieser Lohn groß! Denn nach vielen turbulenten und schmerzvollen Episoden spüren sie ab einem bestimmten Punkt den wachsenden Frieden. Das lässt sie weiter machen. Weiter wachsen. Über sich hinaus!

Ich weiß, wovon ich rede!

Darum gib nicht auf! Ich selbst weiß aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, einmal richtig aus dem Leben zu fallen. Die Kontrolle zu verlieren. Eingeholt zu werden von den dunkelsten Episoden tiefster Vergangenheiten. Nicht nur der eigenen. Da vergehen oft Jahre, bis man überhaupt wieder von gesellschaftlicher Teilhabe sprechen kann. Aber auch dann ist es mitunter noch lange nicht möglich, irgendetwas – gesellschaftlich gesehen – „Großes“ zu vollbringen.

Dabei ist das, was diese Frauen vollbringen, sehr, sehr groß!

Nun möchte ich diesen Artikel nicht beenden, ohne ein paar Möglichkeiten zu nennen, wie es auch den stillen Frauen möglich ist, sich Ausdruck zu verschaffen. Uns auszudrücken ist ein tief im Menschen angelegter Wunsch.

Bei allem Chaos, Kriegsschauplätzen und Durcheinander in der Welt und im persönlichen Umfeld bietet uns diese Zeit dennoch gute Möglichkeiten, aus der Stille heraus sichtbar zu werden. Vor allem online ist dies ohne allzu viel Aufwand möglich. Es tut gut, nach einer Zeit des Rückzugs wieder die Fühler in die Welt hinaus zu strecken. Wieder mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Dafür gibt es zahlreiche Wege:

  • Ein Buch schreiben – das ist mittlerweile wirklich für jede(n) möglich. Es gibt kostenlose Self-Publishing-Plattformen, die es möglich machen, das eigene gedruckte Buch nicht nur in der Hand zu halten, sondern auch über den Buchhandel oder den Onlinehandel zu verkaufen. Ich habe für unser Buch tredition gewählt, es gibt aber auch andere.
    Später, wenn du dich wieder sicherer fühlst, können Lesungen und andere Buchvorstellungen in Präsenz erfolgen.
  • Einen Blog oder eine Webseite erstellen – Hier kannst du dich über dein persönliches Interessensgebiet austoben. Du kannst in deinem Tempo Artikel oder eigene Bilder einstellen.
    Mithilfe von Chatfunktionen kannst du hier auch mit Gleichgesinnten in Austausch gehen oder eine Community gründen.
  • Einen Social-Media-Kanal aufbauen – ich sage bewusst EINEN, weil es sonst leicht zu neuem Stress führen kann. Ich persönlich bevorzuge Instagram, es kann aber auch ein anderer sein.
    Hier kannst du Reichweite erlangen, sofern du das möchtest. Auch hier ist es möglich, eine Community aufzubauen.

Bei alldem finde ich es wichtig, dass du dich selbst frei von Erfolgsdruck machst. Es sollte vor allem nicht „schnell gehen“ müssen. Alle oben beschriebenen Wege brauchen Zeit, um zu wachsen. Geduld und ein bisschen Kontinuität sind hier wichtige Bausteine. Dann kann es wirklich Spaß machen.

Kennst du eine Frau, die auf die oben beschriebene Weise mit sich selbst unterwegs ist? Dann teile gerne diesen Artikel.

Oder bist du selbst eine solche Frau? Dann kommentiere gerne. Teile deine Erfahrungen.

Ich wünsche allen sichtbar und unsichtbar wirkenden Frauen, die mit dem, was sie tun oder gerade durchmachen ihren Beitrag leisten, dass ihnen Kraft und Zuversicht zufließen.

Du bist nicht alleine! I feel you!

Alles Liebe, Daniela

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